Wanderung 2: (15.10.2019)

„….den glücklichen schlägt keine Stunde!“, heißt es. „Morgenstund´ hat Gold im Mund“, sagt man. Nach kurzer Nacht auf harter Bodenfliese fiel mir das Verständnis für derartige Volksweisheiten schon sehr schwer. Ich hatte nicht viel Zeit, denn wie schon gestern, wollten wir den „Grenzgängern“ den Morgen versüßen und hatten Brötchen bestellt, die der Abholung durch uns harrten.

Heute Morgen habe ich nicht ein Gefühl von Erholung, sondern eher das Empfinden einer „Spontanalterung“! Außerdem drängelte Matthias zur Abfahrt. Also suchte ich meine Bekleidung zusammen und versuchte möglichst leise, noch halb auf Schlafsack und Isomatte liegend, diese anzuziehen. Halb hüpfend, verzweifelt nach Halt suchend, zog ich im Stehen noch die Socken hoch und wir fuhren los - tatsächlich in die aufgehende Sonne. Ein neuer sonniger Tag erwartete uns, und mit den frischen Brötchen war es für alle ein himmlisches Frühstück.

Nachdem das Lager aufgeräumt war, dem Orga-Team drohte heute wieder die Verlegung des kompletten Materials und die ersten Taschen und Koffer verpackt waren, fuhren wir die ersten Wanderer zum Startpunkt. Schnell war auch die letzte Gruppe transportiert und kurze Zeit später „stiegen“ alle in die nächste Etappe ein.  

Schnell führte uns der Weg in einen Wald, dessen leuchtendes Laub uns schon von weitem lockte. Der breite Kolonnenweg hatte seinen Wettstreit, wer denn nun wohl am meisten Raum einnehmen würde, gegen den Wald längst verloren und war nunmehr nur noch ein schmaler Trampelpfad. So erklärt der Wald uns Menschen auf eine unnachahmliche Art, wie man Konflikte auch lösen könnte. Lange bewegt sich die lange Menschenschlange durch den Wald und immer wieder hörte man empörte Schreie, wenn die Äste der den Weg begrenzenden Bäume eine Wanderin oder einen Wanderer durchs Gesicht fegten. Aber wie wir mittlerweile gelernt hatten, ist Schönes oft schnell endlich und allzu schnell vorbei.

Nicht nur die oft beschriebenen Herren der DDR hatten menschenverachtende Ideen, sondern auch die der BRD kamen auf derartige menschenunwürdige Pläne. So hatten die Bürger eines kleinen Weilers in Bayern die Idee, man lese die Streiche der Schildbürger, einen hohen Turm zu bauen, den man passender Weise „Bayernturm“ nannte. Dann baute man noch ein Gasthaus dazu und fertig war der Ferienort. Die Touristen hatten die Möglichkeit, gegen entsprechenden Obolus den Turm zu ersteigen, um von dort den Grenzstreifen mit seine tödlichen Menschenfallen zu beobachten. Zur weiteren Erbauung waren dort Ferngläser installiert, deren Bedienung auch den Einsatz von Groschen erforderte, die wiederrum auch in die Säckel des Dorfes gespült wurden. Selbstverständlich verbrauchen diese „Naturbeobachtungen“ viele Energien und wo ließe sich besser über das Erlebte diskutieren, als im Wirtshaus bei Schweinsbraten und schäumenden Bier. Und bisher dachte ich, der Turm zu Babylon sei längst eingestürzt.

Da der Turm die Landschaft schon allein aufgrund seiner Aufgabe stark dominiert, begleitete er uns noch lange auf unserer Wanderung, denn beim Erklimmen von kleineren Höhenzügen tauchte er noch lange Zeit später immer wieder in der Ferne auf. Am Rande eines Wäldchens erspähten wir plötzlich ein gemauertes „Omega“, dass sich als gemauerte Einfassung der fränkischen Saalequelle entpuppte. Eine kurze Pause ermöglichte uns den folgenden Anstieg auf den Spanshügel, vor dessen steilem Anstieg sogar ein Hinweisschild warnte. Es gab die Alternative um diesen „Berg“ herumzulaufen, doch wir erklommen tapfer den „Pass“. Wohlgemut und rechtschaffend müde, erreichten wir unseren Treffpunkt, wo wir von den Fahrern pünktlich abgeholt wurden. Die Fahrt zur neuen Unterkunft konnte nicht lang genug sein, denn eingekuschelt in die warmen Autositze und den Ohren schmeichelnde leise Musik aus den Autoradios konnte kein Auge widerstehen, und am Zielort mussten einige Mitfahrer geweckt werden.

Schnell waren die Schlafstätten wieder gerichtet und auch der Schweiß wurde von den heißen Duschen vom Körper gespült.

Manch eine und einer grinste unter der Dusche, denn am Morgen gab es eine Diskussion zum Thema duschen und wandern. Eine Fraktion stellte fest, dass es sinnhafter wäre, am Abend zu duschen. Denn morgens würde die Haut der Füße durch das Duschen aufweichen und die Blasenbildung eher beschleunigen. Nonsens stellte die andere Fraktion fest. Sie gehe immer morgens duschen, und nie hätte sie Blasen gehabt. Nun könnte man an dieser Stelle wohlfeil streiten, aber ob mit oder ohne Blasen: Angenehmer ist das Abendbier mit einem frisch geduschten….?!